Press "Enter" to skip to content

Heiraten in Deutschland

Der Stand der Ehe nimmt im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland eine besondere Stellung ein. Davon leitet sich beispielsweise ab, dass Verheiratete weniger Steuern zahlen. Dieser Hervorhebung im Gesetz ist es zu verdanken, dass auch heute noch die Ehe in Deutschland einen hohen Stellenwert besitzt.

Das Brautpaar

Um vor dem Staat als Ehepaar anerkannt zu werden, müssen sich Braut und Bräutigam vor einem Standesbeamten das Ja-Wort sagen. Bei dieser sogenannten standesamt- lichen Hochzeit handelt es sich um eine for- male Angelegenheit, die meist nur im kleinen Kreis gefeiert wird. Früher schloss sich daran immer noch eine kirchliche Hochzeit an, die dann mit großer Zeremonie begangen wurde.

Empfang in der Scheune

Allerdings ist die Zahl der kirchlichen Trauungen in den letzten Jahren stark rückläufig, weil Religion in Deutschland inzwischen eine private Angelegenheit geworden ist und im öffentlichen Leben nur noch eine untergeordnete Rolle spielt. Während 1953 noch 80 Prozent aller Ehen kirchlich geschlossen wurden, betrug der Anteil der kirchlichen Trauungen im Jahr 2021 nur noch 16 Prozent. Damit bekommt heute nicht einmal mehr jede 5. Ehe einen kirchlichen Segen. Hier setzt sich ein Trend fort, der bereits vor 150 Jahren einsetzte und zum langsamen Verschwinden der Kirchen führte. Bereits 1844 schrieb der deutsche Dichter Heinrich Heine in seinem bekannten Gedicht »Deutschland. Ein Wintermärchen«: Und fehlt der Pfaffensegen dabei, Die Ehe wird gültig nicht minder – Es lebe Bräutigam und Braut,
Und ihre zukünftigen Kinder! Was zu Lebzeiten Heines noch eine bloße Vision des Dichters war, ist heute Wirklichkeit geworden. Doch werden heute statt kirchlicher Trauungen vielerorts sogenannte freie Trauungen durchgeführt. Solche alternativen Trauungen werden von einem freien Redner oder einem Freund bzw. Verwandten begleitet. Hier geht es nicht um den offiziel- len Charakter der Eheschließung (hierfür ist das Standesamt zuständig), sondern nur darum, die Liebe zweier Menschen ganz privat und persönlich zu feiern.

Statistisch gesehen hat sich die Zahl der Eheschließungen in den letzten 60 Jahren halbiert. Gemessen an der Gesamtbevölkerung gab es in den 1950er Jahren jährlich noch fast 10 Eheschließungen pro 1.000 Einwohner – heute sind es nur noch 5. Dennoch deutet sich eine Trendwende an. Seit 2007 nimmt die Zahl der Eheschließungen wieder zu.

Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung hat unlängst die 20- bis 39-Jährigen zu ihrem Familienbild befragt. Dabei kam heraus, dass nur ein Drittel die Ehe als eine überholte Einrichtung ansehen. Doch ist Heiraten notwendig, wenn man dauerhaft zusammenleben will? Dieser Frage stimmten nur 43 Prozent der Befragten zu. Immerhin sind Paare vor ihrer Verlobung durchschnittlich bereits 5,4 Jahre zusammen. Viele von ihnen haben auch schon mehrere Jahre gemeinsam miteinander gewohnt. Da stellt sich die Ehe dann nicht mehr als große Veränderung dar. Weiterhin fällt statistisch auf, dass die Paare bei der Heirat immer älter werden. Ledige Männer waren bei der Heirat Anfang der 1970er Jahre im Durchschnitt noch etwa 25 Jahre und Frauen etwa 23 Jahre alt. Heute ist das Heiratsalter auf 34,4 Jahre bei Män- nern und 31,9 Jahre bei Frauen gestiegen. Im Durchschnitt sind die Männer zweieinhalb Jahre älter als die Frauen.

Von 1.000 geschlossenen Ehen werden derzeit 320 wieder geschieden. Die durchschnittliche Ehedauer bis zur Scheidung beträgt 15 Jahre. Während in den 1950er Jahren noch über 85 Prozent aller Paare zum ersten Mal verheiratet waren, ist heute bei einem Drittel der heiratenden Paare mindestens ein Partner beteiligt, der vorher schon einmal in einer anderen Ehe war. Eine Hochzeitsfeier wird meist lange, über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr im Voraus geplant. Das Brautpaar legt fest, wie groß der eingeladene Personenkreis sein wird und bestimmt den Ort der Feier sowie den festlichen Rahmen. Anfang September 2022 hat unser Sohn Paul Christopher seiner Hochzeit mit unserer Schwiegertochter Katja einen besonderen feierlichen Rahmen gegeben. Paul Christopher ist Musiker und betreibt eine kleine Musikschule in Köln; Katja ist an der Universität als Architektin angestellt. Beide kennen sich schon dreieinhalb Jahre und leben seit zweieinhalb Jahren zusammen. Sie haben im Dezember 2021 standesamtlich in Köln geheiratet. Damals haben wir nur im kleinen Kreis gefeiert. Das junge Paar wollte allerdings keine kirchliche Trauung. Beiden war es aber wichtig, ihre Liebe und Zuneigung und das Eheversprechen vor ihrer Familie und dem Freundeskreis zu bekräftigen.

Glückwünsche an das Paar

Diese Hochzeitsfeier fand dann 8 Monate später auf einem alten Bauernhof in einer großen Scheune statt. Bereits am Vortag der Hochzeitsfeier trafen sich etwa 100 eingeladene Freunde und Familienangehörige und feierten mit mitgebrachten Speisen und Getränken beim gemeinsamen Grillen.


Am kommenden Tag versammelten wir uns auf einem sonnigen Platz und ein enger Freund und eine enge Freundin des jungen Paares haben allen Anwesenden erzählt, wie sich die beiden kennen- und lieben gelernt haben. Das war für alle eine sehr bewegende Geschichte. Im Anschluss haben sich der Bräutigam und die Braut einen sehr persönlichen Brief laut, für alle Anwesenden hörbar, vorgelesen. Dann gaben sich die Ehepartner einen Kuss. Danach schrieb jeder Anwesende einen Wunsch für die Zukunft der beiden auf ein Blatt Papier und hing es für alle sichtbar auf. Diese persönlichen Wünsche sollen die beiden ihr Leben lang begleiten. Dann gratulierte jeder dem Brautpaar persönlich mit einer Umarmung. Anschließend wurde groß gefeiert. Zunächst gab es süße Kuchen, Kaffee, alkoholische Getränke und am Abend aßen wir gemein- sam in der schön geschmückten Scheune. Alle Gäste waren am des Festes beteiligt. Wir haben die Scheune gemeinsam geschmückt, die Tische gedeckt, das Essen gemeinsam zubereitet und gesungen und gelacht. Eine Reihe von befreundeten Musikern und Musikerinnen sorgten für den musikalischen Rahmen. Bis tief in die Nacht wurde getanzt und erst am frühen Morgen war die Feier zu Ende. Schließlich trafen sich alle Gäste noch zu einem gemeinsamen Frühstück vor der Scheune und verabschiedeten sich nach zwei wundervollen Tagen.

Ausklang

Rudolf und Susanne Schneider Montabaur, Deutschland

Be First to Comment

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *